2003/09 Kunst - Infobrief I/2003 (Salvador Dalí)

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KUNST - INFOBRIEF I/2003 (SALVADOR DALÍ)

KUNSTBRIEF ZUR AUSSTELLUNG „WO DIE RÄTSEL BLEIBEN …“

Carin Grudda trifft auf Salvador Dalí
Liebe Kunstfreundin,
lieber Kunstfreund

Sie halten die erste Ausgabe mei-nes Kunstbriefes in Händen - ein Service, mit dem ich Sie von nun an in lockerer Folge über Neuigkei-ten und Aktivitäten der Galerie bild & rahmen sowie allgemein über Themen aus der Welt der Kunst informieren möchte. Anlass dieses ersten Kunstbriefes ist eine Ausstellung, die ab Mitte Oktober in den Räumen und dem Außenbereich der Galerie sowie an öffentlichen Plätzen im Stadtgebiet Schwalbachs zu sehen sein wird. Unter dem Titel „Wo die Rätsel bleiben … Carin Grudda trifft auf Salvador Dalí“ zeige ich erstmals gemeinsam Skulpturen, Plastiken und Grafiken von Grudda und Dalí. Zusätzlich stelle ich Werke von Künstlern aus, die wie Grudda ihre Bronzeplastiken in Zusammenarbeit mit der italienischen Kunstgießer Immart anfertigen. Auf diese Weise können Sie in der Ausstellung spannende Parallelen und Unter-schiede zwischen dem Surrealis-mus Dalís und der aktuellen Ge-genwartskunst beobachten. 

«Der Surrealismus – das bin ich.»

Der Exzentriker Dalí (1904-1989) hat einmal selbstbewusst und in geradezu absolutistischer Manier von sich behauptet: «Der Surrea-lismus – das bin ich.» Allein schon mit seinem Äußeren sorgte der Künstler immer wieder für Aufsehen. Der penibel aufgedrehte Zwirbelschnauzer und das extravagante Outfit inklusive des dandyhaften Spazierstocks wurden schnell zum unverkennbaren Markenzeichen des Katalanen. Und wer denkt nicht spontan, wenn er den Namen Dalí hört, an jene surrealistischen Kompositionen, in denen auf Insektenbeinen umherstelzende Elefanten, Körper mit geöffneten Schubladen oder über Felsformationen weich dahinrinnende Uhren zu sehen sind, eingestellt in geometrisch konstruierte und seltsam entrückt wirkende Traumlandschaften, die in endlos weiten Horizonten fluchten. 

Traum, Vernunft, und Wahnsinn

Unbestritten ist, dass unter den Surrealisten vor allem Dalí gegen Ende der zwanziger Jahre Traumbil-der und geistige Zustände akribisch genau zu fixieren sucht. Gemäß der surrealistischen Maxi-me, Gegensätze wie „Realität“ und „Traum“, „Vernunft“ und „Wahn-sinn“ oder „Wahrnehmung“ und „Vorstellung“ aufzuheben, kultiviert Dalí in seinen Werken die Konfu-sion, das unvermittelte Aufeinan-dertreffen des gemeinhin Unverein-baren. So bilden die Objekte, die er in seinen Bildern arrangiert, einen vollkommen absurden, einen trau-mähnlichen Zusammenhang. Dabei ist charakteristisch für Dalí, dass er seine Visionen und Fantasiewelten mit minutiöser, fast schon pedanti-scher Präzision und Detailgenauig-keit wiedergibt. Trotz oder gerade wegen ihrer wirklichkeitsgetreuen Ausführung verstören die Bilder Dalís den Betrachter und ziehen ihn zugleich unweigerlich in ihren Bann. 

Dessin automatique

Salvador Dalí gehört aber nicht nur wegen der weiten Verbreitung sei-ner Blätter zu den großen Grafikern des 20. Jahrhunderts, sondern auch und vor allem aufgrund seiner viel-fältigen grafischen Experimente und der ihm eigenen Umsetzung druckgrafischer Techniken. So transformiert Dalí das unter den Surrealisten in Analogie zum „au-tomatischen Schreiben“ der surrea-listischen Literaten entwickelte „Dessin automatique“, also das „automatische Zeichnen“, in die Technik der Grafik. Hierzu „bearbei-tet“ Dalí seine Druckplatten vermit-tels Geschosseinschlägen, Beilhie-ben und Beschuss mit Eiern, die lithografische Tusche enthalten, nimmt Radierungen mit einer nor-malen Essgabel vor und stilisiert das grafische Arbeiten selbst zum Ereignis. In groß angelegten Hap-penings traktiert er die Druckträger in den Straßen von Paris oder in seinem Garten, lässt mit Lithotu-sche gefüllte Objekte auf ihnen zerplatzen oder beschießt sie mit farbgetränkten Kugeln aus einer Armbrust. Dalí ist von den neuen Ausdrucksmöglichkeiten fasziniert. Auf höchst unkonventionelle Weise entstehen so die ersten „tachistischen“ Grafiken der Kunst-geschichte. D.h. Grafiken, bei de-nen der Künstler seine Empfindun-gen durch ein spontanes und ge-wissermaßen „zufälliges“ und „un-kontrolliertes“ Verfahren in abstrak-ten Bildern auszudrücken sucht. 

Was sie verbindet ...

Und genau hier trifft Carin Grudda auf Salvador Dalí. Denn hinsichtlich dieser von Dalí bei der Herstellung seiner Grafiken eingesetzten anar-chischen Methode zeigen sich interessante Parallelen zu den grafi-schen Arbeiten der in Italien leben-den Künstlerin. «Ich verschaffe dem Zufall Gel-tung», hat Grudda einmal gesagt, «indem ich meine Kaltnadelradie-rungen über den Hof pfeffere, Ab-drücke nehme und dann ordnend eingreife: das Liniennetz verfolge ich weiter, deute es aus, übernehme Kompositionslinien, lasse andere unberührt». 

Grudda „malträtiert“, ähnlich wie Dalí, ihre Druckträger, wirft sie über die Steine des Stra-ßenpflasters, springt auf ihnen herum und lässt auf der zerkratzten Oberfläche der Druckplatten gewis-sermaßen „zufällig“ und „automa-tisch“ Texturen entstehen, aus de-nen Bedeutungen erwachsen. Sie bedient sich der automati-schen Technik, die auf den Da-daismus und Surrealismus zu Be-ginn des letzten Jahrhunderts zu-rückgeht und in unmittelbarem Zusammenhang zu Dalís druckgrafi-schen Inventionen steht. Stets sucht Grudda dabei nach den Wurzeln, der Unmittelbarkeit des Striches und des Ausdrucks; will nahe am Traum als einem Zustand außerhalb jeder Kontrolle sein, um an die Essenz der Dinge zu gelan-gen. Sie nimmt Vorgefundenes, zum Beispiel Fundstücke und ver-kohlte Überreste aus der in Rom abgebrannten und inzwischen in der Toskana wieder aufgebauten Bron-zegießerei Immart, um die Spuren gelebten Lebens aufzunehmen, sie dann aber künstlerisch zu interpre-tieren, auszuarbeiten und zu gestal-ten. So hat Grudda aus verbrannten Holzpfählen Punkt Mitternacht zum Jahrtausendwechsel Bronzen ge-gossen und darauf zwei Figuren montiert. Auch das Motto der Ausstellung – „Wo die Rätsel bleiben …“ – nimmt Bezug auf den spezifischen künstlerischen Ansatz, den Grudda mit Dalí und den Surrealisten und Dadaisten teilt. «Es geht ohne Rätsel nicht», so die Behauptung Gruddas. «Ich meine, ob du nun malst, ob du sprichst, schreibst, komponierst, du umschreibst eine Mitte, du umschreibst einen Punkt, du wirst ihn nie treffen. Der Rezi-pient, der hellwach ist, wird ihn spüren». In der Umschreibung der „Mitte“ bleibt für Grudda ein Klima erhalten, das vom Betrachter erspürt und erraten sein will, das „Gänse-haut“, so die Künstlerin wörtlich, verursacht. 

Dalís Arbeiten zählen – darunter insbesondere die Grafiken – zu den meistverkauf-ten, aber auch am häufigsten gefälschten Stücken auf dem internationalen Kunst-markt. Umso wichtiger ist es daher für Kunstliebhaber und Sammler, möglichst genau Kenntnis über die Zuverlässigkeit der Bezugsquelle zu erhalten. Denn originale Grafiken Dalís können ihrem Besitzer eine nicht unerhebliche Wertsteige-rung einbringen. Die anerkannte Fachzeitschrift ArtInvestor© stellte kürzlich fest, dass Dalís Werke „immer wieder für Auktionsrekorde sorgen“ und daher als Anla-geobjekte „langfristig interessant“ sind. «Insgesamt ist der Markt für Salvador Dalí», so das Urteil der Zeitschrift, «tendenziell steigend». Nicht zuletzt deshalb, weil 2004 Dalís hundertster Geburtstag gefeiert wird und aufgrund der erhöhten Medienaufmerksamkeit mit einer wachsenden Nachfrage und folglich mit einem weiteren Preisanstieg zu rechnen ist. 
Die Galerie bild & rahmen bezieht ihre originalen Grafiken und Skulpturen von einem renommierten französischen Kunstverleger, der ein angesehener Dalí-Spezialist ist und sich auf die einschlägige Forschung zur Originalitätsfrage stützt – eine somit sichere Quelle. Als verlässliche Referenz in Fragen zur Echtheit gilt hier das zweibändige, im Prestel-Verlag erschienene Werk zur Druckgrafik Dalís, das sämtliche Blätter umfassend dokumentiert und katalogisiert.

Was sie trennt

Hier sieht Grudda zugleich einen wesentlichen Unterschied ihrer Arbeiten zu denen Dalís. Mittels Dalís präziser, eher glatten und akademischen Technik scheint in seinen Bildern – zumindest auf der Oberflächenebene – alles klar und ausgedeutet, obwohl er den Bet-rachter dann umso ratloser zurück-lässt. Bei Grudda bleibt der Zufall hinge-gen in seiner ruppigen und gerade-zu „unkünstlerischen“ Rohheit stehen; Grudda gibt dem Zufall Raum. Während Dalí gewisserma-ßen das Nichts und den Abgrund mit glatter Farbe zumalt, nimmt die Künstlerin den Abgrund als Be-standteil des Ganzen in ihre Bilder mit hinein. Beispielsweise verarbei-tet sie in einem ihrer Bilder Brand-löcher zu Teilen von Figuren, lässt sie Kopf, Auge oder sogar Herz der Figur werden. Grudda macht die Bedrohung des Nichts, des Todes und der Zerstörung gewissermaßen mit einem „lächeln“ akzeptierbar, bezieht die Bedrohung spielend in ihre Kompositionen ein, macht sie im Falle der verkohlten Holzpfähle sogar zum Ausgangspunkt von Neuem. So auch im Falle ihrer Bronzetüren, von denen einige in Schwalbach zu sehen sein werden. Türflügel, die sie vor dem Müll bewahrt und nun als Bronzen verewigt hat. Themati-siert wird das „Unterwegssein“, das „Werden“ und das „Dazwischen“: Ein Türflügel ist geöffnet, der ande-re geschlossen. Hier wird buchstäb-lich ein Schwellenzustand insze-niert, ein Fließgleichgewicht hap-tisch erfahrbar, wie es ähnlich die Arbeiten Dalís kennzeichnet. Und es ist sicher kein Zufall, dass Carin Gruddas persönlicher Skulpturen-park an der italienischen Riviera den Namen „Tra i mondi“ („Zwischen den Welten“) trägt. Genau dieses Gefühl spiegelt ihre Bronzeleiter wider – ebenfalls in Schwalbach zu sehen –, die zwar zum Himmel aufragt, aber dennoch ins Nichts führt. Elemente, mit denen auch Dalí arbeitet, die jedoch bei Grudda konkreter und dadurch greifbarer sind.
 
Metamorphosen

Im Rahmen der Ausstellung werden ebenfalls in Bronze gegossene Pfähle zu sehen sein. Vielleicht erinnern Sie sich noch an die bunt bemalten Holzpfähle, die zur Eröff-nung der Galerie 2001 im Garten standen. Damals hatte ich einen Skulpturengarten als logische Fortentwicklung meines Galeriekon-zepts angekündigt. Umso mehr freue ich mich, die Idee in diesem Jahr umsetzen zu können. Die Holz-pfähle von einst haben inzwischen – ganz Grudda – eine Metamorphose erlebt und kehren nun als Bronze-plastiken nach Schwalbach zurück. Sie können diese spannende Ver-wandlung im Skulpturengarten nachvollziehen und sehen, wie die Künstlerin eine Idee, ein Thema von einem Material in ein anderes „ü-bersetzt“ und gemäß dem jeweili-gen Bildträger ausarbeitet. Neben den vergleichbaren methodi-schen Ansätzen von Grudda und Dalí, zeigen sich hinsichtlich der dargestellten Bildinhalte weitere Parallelen. In den Werken beider Künstler fin-den sich immer wieder mythologi-sche Themen. Themen, die ge-wissermaßen zu den Standards der Kunstgeschichte zählen, allerdings von Epoche zu Epoche und von Künstler zu Künstler ganz unter-schiedlich behandelt werden. 

Bei Grudda sind es Skulpturen, die Interpretationen der Themen Pega-sus und Zerberus geben, bei Dalí sind es „Das goldene Vlies“, Illust-rationen zu den antiken Texten O-vids sowie grafische Variationen der Leda – eine Frauengestalt, die ebenfalls der griechischen Mytho-logie entstammt. Überhaupt habe ich für die Ausstel-lung bewusst Werke von Dalí aus-gewählt, die selten gezeigt werden und den populären Künstler von einer etwas anderen Seite als der allgemein bekannten beleuchten. So treten in den ausgestellten Grafi-ken, die vor allem weibliche Figuren und Akte präsentieren, überra-schende Facetten Dalís zutage. Denn der Exzentriker verfährt hier weniger surrealistisch, gleichsam „leiser“ und zurückhaltender als in seiner Malerei. Insgesamt, so hoffe ich, bietet Ihnen die Ausstellung interessante Per-spektiven auf einen Künstler, der zu den weltweit bekanntesten zählt. Zugleich ermöglicht Ihnen die ein-malige Kombination seiner Werke mit denen Carin Gruddas, eine aktuelle Künstlerin näher kennen und schätzen zu lernen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen angenehmen Spätsommer und freue mich auf Ihren Besuch. 

Mit den besten Grüßen aus Schwalbach


Peter Elzenheimer

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